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Witz und Freiheit

1/14/2015

Wenn es ums schreiben geht ist die Seite 1000zeichen mein absoluter Liebling!
Hier gibt es 24/7 einen Text, mit exakt 1000 Zeichen. Klingt logisch; steckt auch im Namen. Jeden Tag schreibt hier ein anderer Autor über dass, was ihn bewegt, was ihm einfällt, oder worüber es sich seiner Meinung nach zu schreiben lohnt. Es geht witzg, traurig, melanchonisch, liebevoll und manchmal auch gan schön poetisch zu. Jeder Schreibstil ist unterschiedlich, die Texte auch vom optischen Aufbau eigenwillig und kreativ gestaltet. Manchmal muss man das geschriebene mehrmals lesen, bevor sich einem, der gesamte Kontext erschließt. Hier kann jeder Gastautor sein. Schon länger spiele ich mit dem Gedanken auch mal etwas für 1000zeichen zu schreiben, doch bisher blie es nur beim Gedankenspiel.






WITZ UND FREIHEIT (753)

VON LENA STEEG
Eine Weile ist es her, da habe ich den schwedischen Krimi-Autor Jan Arnald gefragt, ob Mörder witzig sein können. Also ob es jemals einen gab, der richtig gute Gags auf Lager hatte. Wir gingen Filme, Bücher, Geschichten durch. Uns fiel niemand ein. Das ist natürlich kein Zufall. Der Witz schafft eine Lücke zwischen dem, der ihn macht, und der Welt. Er kann dem Banalen Tiefe geben und dem Abgrund für einen Moment die Schwärze nehmen. Der Witz, die Karikatur, schmälern nie das Ereignis an sich. Im Gegenteil. Indem sie den Irrsinn benennen, versichern sie, dass der Irrsinn nicht normal ist. Sie leisten damit ein großes Stück Menschlichkeit.
Der Mörder hat keinen Abstand zur Welt. Ein Mord ist eine unerhörte Begebenheit, die vom Mörder ernst genommen werden muss, weil er sonst ihren Irrsinn einsehen müsste.
In der Lücke, die der Witz zwischen Welt und Mensch schafft, lebt die Freiheit. Wer den Witz töten will, vergreift sich unentschuldbar an ihr. Und er ist der unfreiste Mensch von allen. 

(Quelle: 1000zeichen, 9. Januar 2015)

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