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Interview // Prada Perlen Politik

4/05/2018



Influencer an die Macht - Aminata Belli, die sich nicht ausschließlich für Brands und Klicks interessiert, spricht darüber, wie Reichweite für mehr als Kooperationen genutzt werden kann

Vom Rummel in den Fashion-Zirkus. Die gelernte Modejournalistin Aminata Belli schafft den Drahtseilakt, ihren Feed nicht nur mit dem typischen Modeklischee-Content zu füllen. Gekonnt gibt die 26-jährige auch den nicht so tragbaren Dingen einen Raum. Das inmitten der Selbstdarstellung und Kurzlebigkeit von Social Media. Zwischen Interviews für Warner und Fashion Events jongliert sie, die sich als Vorbild für ihre jüngeren Follower sieht, mit gesellschaftspolitisch relevantem Mehrwert. Warum Influencer mehr als nur die Werbetrommel rühren sollten und wie ihr persönliches Statement-Shirt lauten würde, verrät sie uns heute. Und das ganz ohne sponsored by.


Doro: Im Bereich Social Media Postings ist ja viel Emotionalität durch persönlichen Statements im Netz. Ziehst du irgendwo deine Grenzen?
Aminata Belli: Das schaff ich nicht. Meine Leitlinie ist: Ich mache das, wonach ich mich fühle. Wenn ich sehe, dass irgendwas passiert, was ich nicht cool finde, dann muss ich mich ja nicht stoppen. Ich bin ein sehr emotionaler Typ. Ich glaub ohne Emotionen kann man auch nicht so richtig Meinungen bilden, sich selbst – das spielt ja immer einher. Das Ist schwierig zu trennen.

Denkst du, das Ansprechen von nicht ganz so instagramablen Themen könnte deine Reichweite zukünftig reduzieren?
Nein, davor habe ich keine Angst. Ich bin von allem, was ich mache, überzeugt und stehe dahinter. Wenn mir dann irgendjemand entfolgen möchte, weil ich das angesprochen habe, kann ich auch gerne auf den Follower verzichten. Ich habe lieber die Leute, die Meinungen auch teilen oder verstehen anstatt Leute, die nur irgendwas Pinkes sehen wollen. Da geht’s mir eher um Inhalt als um Reichweite.

Das bedeutet, du stimmst dem Statement zu: Je flächendeckender man eine Botschaft verbreitet, desto selbstverständlicher wird sie, besonders wenn sie von Leuten mit Reichweite geteilt wird?
Ich glaub schon, weil man dadurch mehr awareness schafft. Wenn du darüber sprichst und Leute dir eh schon folgen, dann denken sie darüber nach. Wenn sie sich nicht für Politik interessieren, dann lesen sie ja auch nix, aber wenn sie es von einer Person hören oder lesen, die sie mögen, dann hören sie sich das eher an. Was wiederum dafür sorgt, dass man mehr über Politik nachdenken und sprechen würde.

„Manchmal ist das keine Entscheidung, ich möchte jetzt politisch sein, sondern ein ganz natürlicher Prozess“

Wie kommt es zu deinem Interesse an gesellschaftlichen und auch politischen Themen? Gab es dafür einen bestimmten Auslöser oder siehst du dich in dem Punkt als eine Art Jesus der Moderne?
Eigentlich glaube ich kommt das einfach von mir aus, vom Leben. Vielleicht weil ich anders aussehe und anders in der Gesellschaft wahrgenommen werde, als andere Menschen. Da ist das zwangsläufig so, dass man sich damit auseinandersetzen muss oder ganz anders davon affected wird. Manchmal ist das keine Entscheidung, ich möchte jetzt politisch sein, sondern das ist ein ganz natürlicher Prozess. Ich will niemandem helfen in irgendeine Richtung zu denken, ich will nur wissen, dass die Leute wissen was geht. Weil ich weiß, dass ich meine Reichweite nicht nur dafür nutzen kann zu sagen, welche Schuhe jetzt gerade cool sind, sondern auch dafür, was wichtig ist. Fürs Leben und für unsere Gesellschaft.  

Lisa Banholzer von BloggerBazaar sagt in einem Interview mit der ‚Welt‘, dass sie „Politik sexier machen“ möchte. Was findest du fehlt der deutschen Politik, um sie besser in unsere heutige Zeit integrieren zu können?
Ich hoffe, dass die Politik verständlicher wird. Ich glaube, ganz viele Leute verstehen gar nicht, was das alles bedeutet. Viele Politiker reden, reden, reden und am Ende haben sie die Frage ja doch nicht beantwortet. Das ist auch der Punkt, warum viele da gar kein Bock drauf haben, weil sie sich denken, ich check‘s nicht, wie Mathe. Warum soll ich mich damit auseinandersetzen, wenn ich es nicht verstehe und ich glaube das ist Politik. Da brauchen wir so Medien oder Typen wie Tilo Jung, von dem Blog Jung & Naiv, der Politik übersetzt.

Das US Magazin „Forbes“ hat Politik zum größten Trend der New York Fashion Week 2017 im Frühjahr gekürt. Stimmst du dem auch für die deutsche Modeszene zu?
Voll! Also Mode ist ja immer politisch. Wenn du Sachen trägst, die bestimmte Aussagen haben, dann ist das natürlich mit Politik verlinkt. Gleichzeitig kann man aber auch die Mode nutzen, um mehr auf Politik aufmerksam zu machen. Große Designhäuser und Designer können durchaus modisch Statements setzen und die Mode als Sprachrohr nutzen, wenn die Consumer das auch verstehen. Es geht letztendlich um Äußerlichkeit, die auch ohne Politik funktionieren würde, aber mit Politik natürlich viel gehaltvoller, besser und innovativer ist

Parteien-Merch – sinnvoll oder zu viel des Guten?
Naja, ich weiß nicht. Eigentlich wäre Partei-Merch ja cool. Ich glaube, wenn man es mehr nach außen tragen würde, wortwörtlich tragen, würde man auch drüber sprechen. Dadurch kann es aber auch passieren, dass Leute eine Partei cool finden wegen des Logos und des Looks. Du weißt aber nicht, was dahintersteckt. Wenn es um Politik geht, dann ist das sehr schlecht.

Was hältst du von Logo Sweaters mit einem gesellschaftlich relevanten Statement und was würde auf deinem eigenen stehen?



Über Aminata Belli
Stammt aus einer Schaustellerfamilie
Wollte seitdem sie 13 ist etwas mit Journalismus machen
Seit 2012 YouTuberin
Absolventin der AMD im Bereich Modejournalismus
Moderatorin für Warner Music
Feste Mitarbeiterin der Grazia bis Ende 2016
Mitwirkung bei der FAZ Kampagne 80% 
Instagram: aminatabelli

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